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Donnerstag, 21. Dezember 2017

Ist der Weiterfresser obsolet?

Der von der Rechtsprechung des BGH kreierte Weiterfresser ist auch nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht obsolet

Wer noch vor der Modernisierung des Schuldrechts Jura studiert hat, kann sich bestimmt noch an die Problematik des Weiterfressers erinnern.

Dabei geht es darum, dass ein Käufer eine Sache kauft, bei welcher ein funktional abgrenzbares Teil fehlerhaft ist und nach Übergabe die restliche Kaufsache beschädigt oder zerstört. Fraglich ist dann, wie der Käufer Schadensersatz verlangen kann.

Ist der Weiterfresser inzwischen obsolet?


Vorab ein kurzes Video zur Produzentenhaftung




Vertraglicher Schadensersatz


Zunächst kommt ein vertraglicher Schadensersatz in Betracht. Hier werden sogleich unterschiedliche Ansätze gewählt, soweit es um die Anspruchsgrundlage geht.

Manche wollen einen Schadensersatz neben der Leistung annehmen, die Gegenansicht aber vielmehr einen solchen statt der Leistung.

Wenn man der letztgenannten Meinung folgt, muss man prüfen, ob die gesamte Sache zerstört wurde, also eine Unmöglichkeit eintrat, oder ob diese nur beschädigt wurde, weshalb sich der Schadensersatz aus §§ 437 Nr. 3, 433, 434 I 2 Nr. 2, 446, 280 I, III, 281 BGB ergibt.

Sodann kann man als Klausurersteller die Sache interessant machen, indem man die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte verjähren lässt und der Anspruch in diesem Fall nicht durchsetzbar ist.

Deliktischer Schadensersatz


Damit verschärft sich die Problematik des Weiterfressers, denn nun muss man ins Deliktsrecht schauen, um ggfls. eine Lösung zu finden. Hier ist eine genaue Abgrenzung nötig, wann denn das Eigentum des Käufers verletzt ist, denn immerhin hat er von vornherein nur ein mangelbehaftetes Eigentum erworben.

Teile der Literatur lehnen deshalb einen deliktischen Anspruch ab.

Sofern man dem Bundesgerichtshof folgt, wäre zu prüfen, ob eine Stoffgleichheit mit dem ursprünglichen Sachmangel vorliegt. Wäre das der Fall, könnte der Käufer keinen Schadensersatz verlangen. Hier kann man berechtigt fragen, ob denn eine scharfe Abgrenzung überhaupt möglich ist. Wann soll ein Teil denn funktional abgrenzbar sein und wann nicht?

Aber damit noch nicht genug. Für einen deliktischen Anspruch wäre auch dessen Durchsetzbarkeit nötig. In diesem Rahmen kann man sich trefflich streiten, ob man dann nicht die Verjährung aus dem Kaufrecht auf die unerlaubte Handlung überträgt und damit einen Gleichlauf schafft.

Seit der Modernisierung des Schuldrechts hat der Bundesgerichtshof zwar einmal die Problematik des Weiterfressers angesprochen, aber nicht im Detail.

Früher konnte man mit Bauchschmerzen die Erfindung der Rechtsprechung akzeptieren, denn die Verjährung von sechs Monaten nach § 477 BGB a.F. stellte eine große Härte für den Käufer dar. Durch die Änderung der Verjährung besteht eigentlich kein Bedarf mehr für den Fortbestand des Weiterfressers. Das wird so auch von vielen Vertretern der Literatur diskutiert.

Ausblick


Ob sich der Bundesgerichtshof dazu aufraffen kann, die Rechtsprechung aufzugeben, wage ich zu bezweifeln. Jedenfalls aber scheint es so, dass man zu dieser Problematik so ziemlich vertreten kann, was man will. Wer die Stoffgleichheit dogmatisch akzeptiert, wird wohl kaum eine andere Lösung als falsch bewerten dürfen.


Wer Interesse an einer gutachterlichen Lösung des Weiterfressers hat, der kann einen ausführlichen Fall dazu in meinem soeben erschienenen Buch zum Deliktsrecht nachlesen.





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